Apathisch warten.



Früher hätte ich mir jetzt eine Höhle gebaut Rolf Zuckowski gehört und Astrid Lindgren gelesen. In jedem Fall hätte ich mich erfolgreich vor der Welt und mir selbst versteckt. 

20 Jahre später gestaltet sich das mit dem Verstecken etwas schwieriger. Doch manchmal schafft man es sich so gut zu verstecken, dass man sich selbst nicht mehr wahrnimmt. Nicht mehr findet. Nicht mehr spürt.

Apathisch starren.

Apathisch atmen.

Apathisch warten.

Darauf, dass dieser Zustand endet. Darauf, dass irgendjemand gerade mal Dein Leben in die Hand nimmt. Oder Dich.  Ich schau mir im Moment ständig beim Warten zu. Ich warte die ganze Woche darauf, dass Wochenende ist. Dann ist Freitagabend und Du atmest einmal tief ein, schon ist Sonntag. Und mit Sonntag meine ich Panikattacken und Heulkrämpfe, die sich mit apathischem auf genau diese Warten abwechseln.

Apathisch atmen.

Apathisch wippen.

Apathisch warten.

Auf den Montag. Auf die nächsten Panikattacken. Die nächsten unbändigen Heulkrämpfe gefolgt von nichts. Unaufhaltbar viel nichts. Gefühlskalt und desillusioniert. Gefangen zwischen Wutaus- und Nervenzusammenbruch schleppst Du Dich mit letzter Kraft bis Freitag. Und weiter geht's. Tief einatmen und mit Glück noch ein, zwei Mal durchatmen bevor es von vorne losgeht.

Apathisch sitzen.

Apathisch trinken.

Apathisch warten.

Darauf, dass der Kaffee mit viel Zucker jetzt doch bitte endlich seinen gottverdammten Job macht. Ich weiß genau, was ich tun muss, damit es mir besser geht. Kaffee hilft gegen diese unfassbare Müdigkeit, der Zucker bringt die Stimmung auf Trab. Die richtige Musik, die richtigen Gedanken und schon lenk ich von der Einbahnstraße Alltag in Richtung Gefühlsgabelung - die Maske sitzt, die Gefühle passen wieder in den Alltagsrahmen und ich drohe nicht mehr aus meinem eigenen zu fallen. Ibuprofen gegen den Kopfschmerz, eine Vomex und ein Hoch auf die gleich verschwindende Übelkeit - weiter geht's. Auf geht's.

Apathisch tippen.

Apathisch lachen.

Apathisch warten.

Auf die gute Laune, die ich mir fast selber glaube. Soll sie doch auch wirklich kommen. Auf das ehrliche Lachen, dass den Tag dann doch noch rettet. Auf den kreativen Aufschwung, denn auf den ist Verlass, wenn ich innerlich im Kreis laufe. Mein innerliches Karussell fahren führt zu kreativen Ergüssen und extrem guten Leistungen. Die mich aber umso mehr anstrengen und nach Feierabend fordern.

Apathisch blinzeln.

Apathisch freuen.

Apathisch warten.

Auf die Verabredung mit Freunden, die ich wahrscheinlich wieder absagen werde. Fadenscheinige, aber keineswegs unglaubwürdige Gründe um zu begründen, was nicht zu erklären ist. Ich will nicht. Ich will keine Nähe, keine Fragen, keine Vorwürfe. Ich will keine ständigen von mir initiierten Themenwechsel und keine besorgten Gesichter.  Ich will einfach nur schlafen. In mein Bett. Meine Höhle. Ich bin müde. Mit Sicherheit nichts lebensmüde, aber des Lebens müde. So liege ich im Bett. Der Körper im Halbschlaf, das Gehirn auf Hochtouren. Aber bald ist wieder Wochenende. Und es heißt wieder und weiter

apathisch warten.

Ich weiß, dass es so nicht weiter geht. Ich weiß, dass ich selbst den Arsch hochkriegen muss. Ich weiß, dass ich meines eigenen Glückes Schmied bin. Ich weiß, dass es mir eigentlich so verdammt gut geht. Ich weiß, dass ich liebe und geliebt werde. Ich weiß, dass ich genau die Falschen verletze, wenn ich mich wieder in mir selbst verstecke. Aber ich versteck mich doch nicht vor Euch. Sondern vor mir. Und ich verspreche Euch, ganz bald sieht die Welt schon wieder ganz anders aus.

Ganz bald mach auch ich aus dunkelgrau wieder kunterbunt. So wie Ihr es von mir gewohnt seid. Ich fange langsam an. Mach mir mein Leben endlich wieder widde widde wie es mir gefällt und nerv Euch mit meiner viel zu positiven Art. Ganz bald. Versprochen.

Aber bis dahin, lasst mich noch ein bisschen warten. Noch ein oder zwei mal die Decke über den Kopf ziehen und liegen bleiben. 

Apathisch warten. 

jung, weiblich, verlobt, sucht.

Von einer 28-jährigen mit astreinem Lebenslauf und nicht der geringsten Chance.
Wenn Frustration eine graue Wolke ist, dann ist die Jobsuche der scheißbeschissene Weltuntergang. Von einer 27-jährigen mit astreinem Lebenslauf und nicht der geringsten Chance.
Irgendwie spiel ich im Moment gegen die Arbeitswelt. Mit 100 Assen im Ärmel. Schach. Im so genannten akademischen Werdegang gibt es an sich viele Frustrationspunkte, keine Frage. Kurz vor'm Abi, als ich lieber feiern als lernen wollte. Kurz nach dem Abi, als ich deshalb nicht meinen Traum-Studienplatz bekommen habe. Abertausendmal im Studium, als ich regelmäßig die Notwendigkeit von deskriptiver Linguistik und/oder all meiner Fremdsprachen angezweifelt habe. 9 Klausuren in 7 Tagen, kein Problem für mich. Die Bachelorarbeit in 6 Wochen? Kein Problem für mich. Nervenzusammenbrüche und Zukunftsangst am Ende des Studiums? Locker weggesteckt.
Vorbildlicher Werdegang, kein 'Ich musste mich selbst finden und bin super individuell durch Australien gereist', kein 'ich hab erst mal gejobbt um weiter feiern zu können' und auch kein 'ich zieh wieder bei Muddi ein, weil ich bin jetzt was Besseres und unter 50.000€ im Jahr steh ich gar nicht erst auf'. Im Gegenteil: Ohne Umschweife vom Studium ins Praktikum. Gut angestellt, fest eingestellt.
Long story short - 4 Jahre Online Marketing Managerin später - keine Prespektive. Kein Raus aus dem grauen Kampf gegen Windmühlen Arbeitsalltag. Kaum ein Cent Lohnerhöhung in 4 Jahren. Wasweißich wie viele Überstunden, durchgearbeitete Wochenenden und nicht erstattete Reisekosten später. Gefühlt weiter weg von den 50.000€ pro Jahr als die Studienkollegin, die immer noch bei Muddi wohnt.
Weggezogen. Job behalten. Warum? Weil ich nichts anderes finde. Eine Fast-Anstellung hat mir vor Fast-Vertragsabschluss verkündet, man habe sich für den Mann entschieden. Logisch, dass ich mich eine Woche nach Ablauf der Probezeit schwängern lasse. Passiert dem Mann so schnell nicht. Klar. Auch logisch, dass ich nach meiner Meinung gar nicht erst gefragt werde. Darf man ja nicht. Gesetzlich verbotenes Nachfragen sorgt also für generelles Unterstellen. Genau mein Humor.
Die Bilanz ist also ein solider Lebenslauf. Von einer motivierten Möchtegern-Mitarbeiterin. Die sich seit Jahren für einen undankbaren Arbeitgeber den Arsch aufreißt, ich mein, wie schlimm kann es schon werden mit mir? Ich will arbeiten. 8 Stunden. Mal mehr als 20 Tage Urlaub im Jahr und vielleicht sowas wie fairen Lohn? Keine Sorge, lieber zukünftiger Arbeitgeber, was für mich gerechter Lohn, ist für Sie wahrscheinlich noch günstiger Zeitarbeiterpreis. Gründe mir abzusagen gibt es ja wie Sand am Meer: Überqualifiziert, unterqualifiziert, Quereinsteiger, zu blond, zu fett, zu was weiß ich und natürlich sogutwie Mutter. Klar
Aber würden Sie mir wenigstens absagen. Machen wir uns nichts vor, in der Regel bekommt man ja nicht einmal eine Absage. Nicht mal die Antwort bin ich wert? Ernsthaft? Soll ich dann jetzt kündigen, um mir die Pendelei, die 60 Stunden Woche und den Druck zu ersparen? Damit ich nicht daran kaputt gehe, obwohl ich mir jetzt schon so oft weinend um 20:00 Uhr noch 'nen Kaffee ziehe? Soll ich kündigen und 3 Mini-Jobs machen? Geld hätte ich genau so viel. Nur weniger Ausgaben für die Pendelei oder die Reisekosten oder das Parken am Büro. Herr Tauber, soll ich? Ach hätt ich nur was ordentliches gelernt. Schreiner, Koch oder Fensterputzer. Ach wär ich doch nur schön und lustig und würde irgendwas mit Medien machen. Ach, ach, ACH.
Klar, das Gras auf der anderen Seite ist immer grüner. Klar haben es alle immer noch schwerer. Klar lohnt es sich zu studieren und sich den Arsch aufzureißen. Klar hilft es mir jetzt nicht zu kündigen und gar kein Geld mehr zu haben, klar. Klar könnt ich alle Energie, die in den Text geflossen ist auch in Ihre Texte legen. Klar, würde ich lieber für Sie Werbung machen, als für mich. Klar würde ich lieber über eine Work-Life Balance nachdenken. Auf der Autobahn vielleicht. Im Stau. Auf dem Weg nach Hause. Wo mal wieder keine Absage auf mich wartet. Keine Zusage. Einfach keine Reaktion.
Denn ja, wenn Frustration ein Gewitter ist, dann ist die aktuelle Jobsuche der scheißbeschissene Weltuntergang. Grüße aus dem Gewitter. Kuss.

Update: Mittlerweile 28. Mittlerweile bin ich Freiwild auf dem Arbeitsmarkt. Geändert hat sich nichts. Leider. 

Knöchelfrost der Gesellschaft



Back to the Spießer-Roots. Am Arsch. Mein Hass geht raus an alle konfettiwerfenden Heimlich-Bausparer und frauenfeindliche Feministenfotzen. Verzeiht.

Sei Du selbst. Finde Dich selbst. JA! Scheiße ja! Aber oh Wunder - das geht auch leise. Und alleine. Ohne Masse. Einfach so. 
Du bist nicht cool, nur weil Deine Knöchel auch im Winter frieren. Du bist nicht, cool nur weil du dich vegan ernährst und Dein Leben ein Tanz auf dem cleanandhealthy Hashtag ist. Du bist nicht cool, weil du jetzt Latte Macchiato mit Avocado mischst und das flippig und hip, wie Du bist Avolatte nennst. Du bist nicht cool, weil Du Wodka nur mit Mate, Pfeffi aus Kreuzberg und grundsätzlich noch am besten gar nicht trinkst. Du bist nicht cool, weil Du lieber kiffst. Du bist nicht cool, weil Du alle anderen Drogen ausprobierst und die Welt retten willst. 
Dein Jutebeutel stinkt. Dein Rennrad nervt und dein Männerdutt ist an Sexyness kaum zu unterbieten. Aber Bart - ohja Bart ist besonders wichtig. Selbst der kleinste, dünnste und von Gott mit kaum Bartwuchs ausgestattete Torben trägt jetzt Bart. Naja Flaum. Aber auch Bernd Stelter lag falsch - 3 Haare machen noch keinen Bären. Und erst Recht keinen Mann. Und um Gottes Willen ISS. Und damit mein ich den Imperativ von essen und nicht die Raumstation. Und red nicht so hipp und cool und fühl Dich nicht so tolerant ohne alles andere zu tolerieren.
Pah! Das sagt genau die Richtige ne? Richtig! Ich tolerier Dich. Dich als Individuum, wenn es wirklich Dein Style und Deine volle Überzeugung ist. Ja die Sneaker sehen cooler aus, wenn die Hose Hochwasser hat. Ja die witzigen Sprüche auf Deinem Jutebeutel mag ich auch - mocht ich schon, als es noch Tweets waren. Ja verdammt ich trink auch gern Mate und Pfeffi. Aber Berlin mag ich nicht. Nee. Ja ich trag auch Dutt. Und niemand behauptet der sieht gut aus - aber ich darf das. Warum? Weil ich ein Mädchen bin.
 Jaha! Und da sind wir beim nächsten Thema. Seit wann ist es cool Feministin zu sein? Warum ist es nicht einfach normal für seine Rechte einzustehen? Warum muss ich für jeden Cent mehr bis auf's Blut kämpfen und mein Kollege bekommt die Gehalterhöhung auf dem Silbertablett serviert? Warum ist es nicht normal, dass ich mir mein Bier selbst zahlen kann und wenn ich will auch mein Steak grille? Was ist falsch daran zu denken, dass ich als Frau genau so viel Wert bin wie Du als Mann?
 Oder bin ich das nur, wenn ich nett lächel? Schweigend meine Weißweinschorle trinke und verführerisch in meinen Haaren rumspiele? Während ich Dir an Deinen Lippen hänge und egal was für ein uninteressanter Schrott eben diese verlässt immer lache und nicke? Und lache und nicke? Ja ich lache gerne, aber Nicken war schon als kleines Mädchen 'ne große Schwäche von mir. Viel lieber hab ich auf den Boden gestampft und mit dem Kopf geschüttelt. So wild, dass meine blonde Mähne durch die Gegend flog. Ja meine Mähne fliegt heute auch noch. Beim Tanzen. Oder beim Lachen an der Bar. Nur dass ich eben keine Weinschorle bestelle, sondern ein Herrengedeck. Ja ich bin auch eine gute Frau, wenn ich lieber Schnaps und Bier als Wein und Wasser trinke. Und in welcher Welt leben wir, dass ich darüber überhaupt nachdenken soll?
 A propos Welt - Du nervst. Du nervst hart. Als wär das nicht alles schlimm genug. Weiblich. Ende 20. Leichter Hang zum Alkoholismus und den Drogen nie abgeneigt. Bald die Frau von Ihm und eigentlich rundum zufrieden - ABER: RUNDum ist das Stichwort. Ich will eine Welt in der eine Frau, Frau sein darf. Eine Welt in der es egal ist ob ich Größe 38, 48 oder sonstwas trage. Ich will dass es mir egal ist was andere denken. Noch lieber will ich dass Ihr alle so einen Müll nicht mehr denkt. Ich will kein Bodyshaming mehr. Keine Genderdebatten kein gar nichts. Ich will ich sein. Ich will mit vollster Überzeugung zu viel wiegen. Zu viel lachen und zu viel trinken. Ja mein Arsch ist zu fett, dafür aber extrem knackig und meine Brüste haben mir schon manches Bier bezahlt. Trotzdem geht es um die Einstellung, nicht das was wir ausstellen. Ich will Akzeptanz. Ja Krieg ist einfacher als Frieden, aber das interessiert mich nicht. Leben und leben lassen. Kapier das, Welt. AMEN.
 PS: Ach noch was, lasst das mit den Snapchat-Filtern. Ist ja vielleicht witzig und süß. Aber schickt es nicht in die Welt raus. Macht Euch nicht zu kleinen süßen Häschen. Und Pandas. Und überhaupt. 

irgendwie offiziell. echt jetzt.

Oder auch: Zwischen 'Ich will nie heiraten und bloß keine Kinder' und 'Scheiße - JA, ICH WILL' liegen manchmal Welten. Oder eben nur Eine. Unsere.
Es gibt sie - diese Tage, die einfach so daherkommen, dich an die Hand nehmen und so schnell nicht loslassen werden. Gestern war so ein Tag. Beim ersten Kaffee war schon nach dem ersten Sex. Und zweiten. Aber darum soll es in diesem Text nicht gehen. Vielmehr geht es um  Sicherheit, was sie bedeutet und warum man immer und immer wieder dafür kämpfen muss. Interessiert euch nicht? Herzlichen Glückwunsch - entweder bist Du ein nicht zu beneidenswerter Glücksfall oder dumm. Denn in der Wirklichkeit, hier unten bei Schnaps und Tränen, wo es um Authentizität und echte Gefühle geht, da tut's halt manchmal einfach weh. Richtig weh. Aber auf der anderen Seite halt eben auch so richtig gut. Und um das gut geht es jetzt.
Denn, egal mit wem ich wann und wie im letzten Jahrzehnt verkehrte - ich war immer die Scherbatzky unter den Mädels. Die, die sich nicht binden und vor allem keine Kinder wollte. Ich konnte stundenlang für die Freiheit referieren und auf WG-Partys alle bis zu bedingungslosem Verständnis überzeugen. Alle, die damals noch überzeugt taten sind genau das nicht mehr - mittlerweile. Täglich grüßen neue Hochzeitsfotos noch mit oder schon ohne Baby-Bauch. Kinderfotos. Schnuller-Spielzeug- an Süßhaftigkeit nicht zu überbietender Kram halt. Lässt mich kalt. Denk ich. Naja gut, das bisschen Hormone. Das bisschen Wunsch nach Sicherheit. Ach komm schon.
Und plötzlich war er da. Dieser kitschige Moment in dem ich mich für den Einen von irgendeinem trennte. Kopfüber in ein Abenteuer stürzte. Zu keiner Sekunde hab ich das bereut. Ich bin überzeugt davon, noch nie so geliebt zu haben. Diese glitzernden Augen, dieses verschmitzte Lächeln, dieser mich kitzelnde Bart - alles an mir liebt alles an ihm. Schritt für Schritt - Drama für Drama - nehmen wir Kurs auf. Das perfekte Team. Unendlich viele Streits. Umzug. Krankheit. Nichts hält uns auf. Wir bauen fleißig an unserem Sicherheitsbunker. So unumstößlich wie eine Burg - so zerbrechlich wie eine rosa Seifenblase. Und dann ist er wieder da - dieser Moment. Dieser Streit. Irgendwas mit Eifersucht und Kontrolle und Angst. Im Grunde ist es immer die Angst, die sich genau dann, wenn gerade alles perfekt ist, nach oben kämpft, einen mit ihrer verhöhnenden Fratze ins Gesicht lacht und alles wieder zum Wackeln bringt. Und ja es wackelt. Und es tut weh. Aber irgendwas ist anders.
Ich falle. Ich falle aber nicht mehr ins bodenlose. Es tut weh, aber es frisst mich nicht mehr auf. Es geht mir um Offenheit. Klarheit. Ehrlichkeit. Viel mehr als um Sieg. Ego. Und Rechthaberei. Wir streiten. Aber wir streiten um unsere Sicherheit zu beschützen. Irgendwie streiten wir miteinander und nicht mehr gegeneinander. Irgendwann driften wir ab. Erzählen uns von Fehlern, die wir begangen. Untreue, die wir gelebt. Partnern, die uns egal waren. Anstatt deshalb an unserer Sicherheit zu zweifeln. An unserem bedingungslosen Vertrauen zu rütteln. Anstatt irgendwas oder Alles in Frage zu stellen, stelle ich nur fest. Ich stelle fest, dass ich noch nie so treu war. Dass mir Sicherheit und Liebe noch nie so viel bedeutet hat. Dass Monogamie sich keine Sekunde nach Käfig anfühlen muss. Dass man frei und trotzdem treu sein kann. Weil man es will. Und in dem Moment guckt er mich an - er guckt in mich hinein. Ich bin sicher er denkt das gleiche. Fühlt es. Weiß es, denn plötzlich sagt der unbändige Heiratsgegner, der im Herzen immer freie Hippie, das, was ich nie erwartet. wovon ich nie geträumt zu wagen habe. Seine Hand in meiner - sein Blick auf mir verweilend sagt er ruhig 'Willst Du mich heiraten?' - er sagt es todernst und voller Liebe. Das hat nichts mit der leeren Flasche Schnaps auf dem Tisch zu tun. Nichts mit dem Rumgealber, wenn es sonst um das Thema ging. Nein - das war ernst. Und ich bin ruhig. Scheiße JA, sag ich und es laufen 2 bis zweihundertweiundzwanzig Freudentränen meine Wange hinab. Ich kann das nicht glauben. Kaum fassen, aber ich bin jetzt die 'Zukünftige' von meinem 'Zukünftigen'. Scheiße ja - und das fühlt sich so verdammt gut an. So richtig.Noch kein Ring. Noch kein Termin. Aber so viel fast unaushaltbare Liebe. Nicht weil sie perfekt ist. Weiß Gott nicht. Aber weil sie echt ist. Und vor allem weil sie unsere Liebe ist. Unser Baby. Noch unser einziges. Noch denk ich und grinse.
Denn JA, manchmal liegen zwischen 'Ich will nie heiraten und bloß keine Kinder' und 'Scheiße - JA, ICH WILL' Welten. Oder eben nur Eine. Unsere.

Blätterrascheln und Weltuntergang.

Doch es geht um so viel mehr: Mehr Sex. Mehr Zimt. Mehr Liebe.


Den Kopf im viel zu großen Schal versteckt, laufen wir durch den Herbst, als bestünde er  nur aus bunten Blättern, grauen Tagen und hoffnungsloser Endlichkeit. Ja Himmel, im Herbst ist alles vorbei. Die warmen Tage, die langen Nächte und die Schmetterlinge im Bauch.  Doch aus den kurzen, kalten Tagen werden die längsten und heißesten Nächte.
Denn das schönste am Herbst? Der Geruch von Sex, Zimt und Liebe.
So laufe ich durch den malerisch grauen Alltag. Regentropfen werden vom rauen Wind verweht und tanzen mit den trostlosen, vertrockneten Blättern den Totentanz. Mir ist kalt. Den viel zu großen Schal zieh ich enger, versteck mich darin vor dem großen grauen Weltuntergang. Der Herbst schreit einem die Endlichkeit ins Gesicht. Das Jahr geht zu Ende. Mein Jahr. Wiedermal.
Der Schlüssel kratzt im Schloss. Ich schließ meine Augen und rieche ihn. Meinen Herbst. Mein Mann, der Zuhause auf mich wartet. Der Zimt in der Luft von der Duftkerze im Flur. Es riecht nach Zuhause, nach ihm, uns. Schuhe aus, Schal aus, Mantel aus. Ankommen. Fallen lassen. Wie die Blätter draußen im Strudel des Windes tanzen - so tanze ich in Deinem.
Still stehst Du vor mir. Deine Augen fesseln mich. Alle Gedanken an Endlichkeiten, Alltäglichkeiten scheinen kilometerweit weg. Kilometerweit weggetragen vom Herbststurm. Es ist nicht länger kalt und grau. Es ist endlich warm. Und wie. Deine Hände streicheln meinen Hals. Meine Wange. So liebevoll. So zart. Deine Augen verdunkeln sich und im gleichen tiefen Atemzug streichst du meinen Hals runter und deine Hand legt sich fest, bestimmen um meinen Hals. 
Du nimmst mir die Luft. Die Luft zum Atmen  und alles in mir ringt nach Luft. Nach Lust. Nach Dir. 
Du kitzelst es wach. Weckst es aus dem anstehenden Winterschlaf. Das Tier in mir. Deine Fingerspitzen brennen auf meiner Haut. Brennen sich ein. So heiß. So gut.
Wir kämpfen uns vom Flur auf's Sofa. Hinterlassen Spuren aus Klamotten. Lauter, schwerer Atem ist unser Herbststurm, der uns trägt. Immer stürmiger. Immer wilder.
Je wilder wir werden, desto wärmer wird es um uns. Je lauter wir werden, desto leiser wird es um uns. Je dunkler das Wir, desto strahlender die Welt.
Alles, was grau und endlich schien ist weit weg. Ich fühle nur Dich. Uns. Mehr brauch ich nicht. Aus Endlichkeit wird Unendlichkeit. Aus Angst vor dem Ende, Hoffnung auf Neuanfang. Eng verschlungen. Zitternd. Schwitzend. Deine Haut auf meiner. 
Es riecht nach Sex. Purer, intimer Leidenschaft. So liegen wir da. Du hältst mich fest. Wir haben immer noch kein Wort miteinander gewechselt. Warum auch? Worte sind überflüssig, wenn du realisierst, dass der Herbst in all seiner traumhaft schönen Grausamkeit kein Ende ankündigt, sondern einen Neuanfang. 
Er streift alles ab. Das alte Jahr. Das Vergangene. Den Alltag. Ich streif alles ab. Mit den Klamotten auch den Alltag. Lass meine Hüllen und mich fallen - atme tief ein. Atme den Herbst. Meinen Herbst. Atme den verführerischen Geruch von Sex, Zimt und Liebe. 

Warum ich nicht gehen werde.

weil ich an sowas wie schicksal glaube. weil ich an dich glaube.
kann mut dumm sein? ist es denn nicht immer die richtige entscheidung, wenn man sich für sich entschiedet? mit dir hab ich mich zum ersten mal wieder so richtig für mich entschieden. mit dir kann ich endlich wieder bei mir sein.
man sagt ja, man kann altes nur loslassen, wenn man etwas neues findet, das einen hält. geschwollener bullshit. oder? irgendeine phrase, die plötzlich sinn zu ergeben scheint. läuft man doch immer vor allem weg was neu ist. unsicher. ungewohnt. das mag sicher scheinen, ist aber auch mit sicherheit unsinn.
denn: durch einen neuen menschen, der warumauchimmer zum perfekten zeitpunkt in das leben eines anderen menschen tritt mut zu fassen, sein eigenes leben wieder in die hand zu nehmen, mut zu fassen endlich wieder zu fühlen. zu leben. zu lieben. ohne maske. ohne schleier. ohne verdrängte unzufriedenheit, die wir vor uns selbst als sicherheit tarnen. ist dann nicht dieser mensch die rettung? retten sich die beiden dann nicht gegenseitig?
dieser mensch bist du für mich. 
weil ich an sowas wie schicksal glaube. weil ich an dich glaube.
scheiß auf kalendersprüche in küchen-romantik - das ist das verfickte leben, mit dem wir es hier zu tun haben. netter spruch hin oder her. wenn man alles umkrämpelt und für sein glück kämpft, wenn man sich für den anderen entscheidet, dann sagt kein kalenderspruch der welt, dass es leicht wäre. ist es auch nicht, im gegenteil. nicht umsonst macht einem das große ganze so eine scheißangst.
warum ich jeden kampf immer mit dir kämpfen werde? 
weil ich an sowas wie schicksal glaube. weil ich an dich glaube.
mit dir macht mir keine rauhe see mehr angst. wir sitzen im selben boot und rudern in die gleiche richtung. wenn der eine mal weniger schnell rudern kann, als der andere fängt der andere das auf. ohne nachzudenken. ohne zu erwarten. mit dir können mir die wellen ins gesicht peitschen, weil ich dich gerade hinter mir verstecke. denn mit dir im rücken tut's nur halb so weh. ich vertraue bedingungslos darauf, dass sobald mir die wellen zu stark und zu laut ins gesicht knallen du meine burg bist. dich wieder nach vorne kämpfst und ich mich ganz und gar in dir vergraben kann.
warum ich mich bei dir so sicher fühle? 
weil ich an sowas wie schicksal glaube. weil ich an dich glaube.
geht es nicht immer darum? zusammen auf dem meer um's blanke überleben zu kämpfen? aber auch immer wieder auf dieser kleinen insel namens seifenblase durchzuatmen? bis das kämpfen immer weniger wird. bis die sonne wieder öfter scheint. bis die sonne endlich immer scheint. wie unsere füße in unser salzig-süßes glück tauchen. uns am strand liegend die tüte weiter reichen und uns hemmungslos betrinken? mit der insel meine ich unsere wohnung, unser leben. mit dem salzig-süßen wasser unsere stetig währende seifenblase. die in der wir immer wieder kraft tanken. denn machen wir uns nichts vor. die sonne wird niemals immer scheinen. aber ich versprech dir eins: wenn's regnet und stürmt und uns der wind zu boden peitschen will, dann steh ich auf. schreie laut 'ICH LIEBE DICH' und tanz so lange für dich schief und laut singend im regen, bis du dazu kommst. bis wir beide lachend im regen tanzen und sich der regen plötzlich nicht mehr nach weltuntergang anfühlt, sondern nach neuanfang.
nie war mehr anfang als jetzt. 
weil ich an sowas wie schicksal glaube. weil ich an dich glaube.
so und jetzt lassen wir mal alle geschwollenen metaphern weg. wobei der punkt, dass ich bei dir nicht ständig auf den Punkt kommen muss, einfach mal labern darf, weil du auch ständig rumlaberst ohne Punkt und Kommaklar, ein nicht zu verachtender ist.
verzeih mir das geschwafel, das ist lediglich ein verkrüppelter versuch dir zu sagen, dass ich immer da bin. dich nie allein lasse. ich will dass wir jeden moment zusammen sind und doch genug voneinander entfernt um uns immer wieder neu entdecken zu können. ich will jede sekunde deinen geruch riechen, der die welt für mich bedeutet und dich trotzdem nie zu fest halten. ich will das, was man wohl allgemein leben nennt. nur halt mit dir. immer mit dir. ich will dass wir uns gegenseitig umbringen wollen und abgrundtief hassen, um uns dann noch leidenschaftlicher und inniger zu lieben als je zuvor. ich wünsche mir ein leben mit dir, in dem uns der alltag nichts kann, weil wir zwar immer in die welt daraus müssen. aber nie alleine kämpfen. ich will im schlimmsten sturm die augen schließen und deinen geruch einatmen. ich will dass diese sicherheit und liebe nie vergeht. nie selbstverständlich wird. ich will mit allem was ich habe unsere kleine welt beschützen und hegen und pflegen. ich will immer auf uns aufpassen. auf dich.
weil ich an sowas wie schicksal glaube.
weil ich an dich glaube.
an uns.

Monsterparty

Und da sind sie wieder. Die Monster, die das Leben schreibt. Die Monsterparty, die du nicht feiern willst, aber mitten auf der Tanzfläche stehst.
Da sitzt du. Gerade noch voller Inbrunst gelacht, lacht mir jetzt die Verzweiflung ins Gesicht. Denn da sind sie wieder: Die Monster, die das Leben schreibt.

 Die Monsterparty, die du nicht feiern willst, 
aber mitten auf der Tanzfläche stehst.
In Deinen Armen liegend kann ich sie schon auf dem Flur tapsen hören. Wenn sie Anlauf nehmen und Dich wieder zu sich ziehen wollen. Mit geballter Kraft versuch ich Dich bei mir zu halten, doch in deinen Augen, Deinem schnellen Atmen und Deiner zittrigen Stimme sehe ich, dass ich mal wieder keine Chance habe. Keine Chance gegen dieses Scheißmonster, dass Dich seit Monaten umschleicht. Dass dich nie ganz besitzt, dich aber auch nicht mehr ganz loslässt. 

Hilflos rede ich mit Deiner Hülle. Kämpfe den Kampf gegen die Monsterwindmühlen mit Dir. Doch schon Don Quijote ist daran verzweifelt. Und woran Romanfiguren verzweifeln, wie soll es uns besser gelingen? Also sitzen wir da. Sitzen und reden.  

Ich halte Dich fest und die Monster fern. 

Bei allem, was Du sagt, schreist, rausbrüllst, rede ich mir ein, dass sind die Monster in Dir. Ich schicke mein eigenes Monster ins Rennen, dessen liebstes Hobby es ist auf mein Herz auszupassen und all das nicht zu nah an mich rankommen zu lassen. Denn jetzt steh ich da. Mitten auf der Tanzfläche einer Scheißparty. Einer Monsterparty. 

Doch wie lange hält mich die Droge noch auf der Tanzfläche? Die Droge, die Deine Liebe ist. Die, wenn die Monster sich endlich mal wieder unter's Bett verziehen. Dahin, wo sie verdammt nochmal gehören. Ich flehe, dass sie endlich da bleiben. Schon spielt der DJ 'nen neuen Track. Wir drehen uns um Dich. Deine Monster - Deine Angst. 

Doch, wenn die Ruhe wieder kommt. Der DJ endlich wieder eine fröhliche Platte auflegt. Die Monster Bass für Bass verschwinden und wir in der Ruhe des Sturms ankommen.

In der After Hour der Monsterparty. 
Dann weiß ich: Ja, Deine Monster haben wir vertrieben. 
Mal wieder.

Was bleibt ist die Angst, dass meine Monster nicht mehr schlafen gehen. Dass sie immer lauter und wilder feiern. Mein Herz vereinnahmen und Dich von mir entfernen. Was, wenn all das, was Du ohne schillernd schwarze Monsterparade niemals sagen würdest, meine Monster immer stärker macht und ich am Ende nur noch mit meinen Monstern tanze und mich nicht mehr um Dich, sondern nur noch um mich selbst drehe. 

Wenn aus Deiner krankhaften Angst meine wird.