Sie kommt in Wellen.
Nicht in den wunderschönen Postkartenwellen, die in
verschiedenen Blautönen glitzern und mit ihrem dröhnenden Rauschen die Seele
beruhigen, während sie spielerisch und friedlich an malerischen Klippen
brechen.
Sondern in denen, die Dich mit ihrer brutalen Strömung immer
weiter nach unten ziehen. Ein laut tosendes dunkelgrau, das sich plötzlich vor
dir aufbäumt. Du kannst nichts tun, bis zum Hals stehst Du im Salzwasser und
siehst die Welle über Dir brechen. Du wirst eins mit dem Strudel aus Wasser und
Sorgen. Das Herz rast, das Wasser tobt und die Welt steht still. Wo oben und wo
unten ist kannst du nur erahnen. Du kannst nicht atmen, schnappst nach Luft und
ertrinkst an Deiner eigenen Angst.
Alles in Dir wehrt sich, es kostet Dich zu
viel Kraft durchzuhalten bis sich das Wasser langsam beruhigt. Hinter Dir
weitertobt und Dir einen kurzen Moment Ruhe schenkt. Du kannst durchatmen,
zitternd und unsicher aber stetig füllen sich Deine Lungen wieder mit
Sauerstoff. Starr richtest Du den Blick nach vorne auf die kurzzeitig ruhige
See und fragst Dich wie lang Dir wohl diesmal bleibt all Deine Kraft zu
sammeln.
Du kannst es nicht abschätzen. Du kannst es nicht
beeinflussen. Das rauschende Meer macht mit Dir was es will. Manchmal folgt
Welle auf Welle und Du kannst kaum glauben, dass Du offensichtlich immer noch
lebst. Innerlich stirbst Du. Immer und immer wieder. Manchmal vergehen
Ewigkeiten dazwischen. Minuten, Stunden, Tage. Und gerade, wenn Du Dich wieder
sicher fühlst und mit den Füßen fest auf dem Treibsand stehst zieht der nächste
Sturm auf.
So lange bis die letzten Tropfen Salzwasser Deine Wange
runterlaufen. Du sitzt immer noch am Schreibtisch. Du lebst. Für Deine Umwelt
ist nichts passiert aber für Dich gerade zum siebten Mal die Welt untergegangen.
Heute. Verzweifelt hältst Du Dich an Deiner Tastatur fest als wäre Sie Dein
Floß auf dem tobenden Meer. Hältst Ausschau nach den rettenden Lichtern des
Hafens. Hoffst auf ein bisschen Frieden und kannst nur versuchen in Deinem
Sorgenmeer nicht wieder soweit heraus zuschwimmen. Dich weiter festzuhalten.
Dir Deinen Hafen suchen.
Angst. Sie kommt in Wellen. Bedingt von Deiner
unterbewussten Sorgenströmung und verziert mit tobender Gedankengicht. Still
und heimlich wünschst Du Dir nur einmal dieser Eisberg zu sein, der jeder Welle
trotzt und nicht ständig nur so tut. Innen so stark sein, wie außen. Denn da
konnte Dir mal wieder keiner etwas anmerken. „Alles gut bei dir?“ fragt der
Kollege – „Klar, alles super.“